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Impuls zum 5. Mai 2024

Zum 6. Sonntag in der Osterzeit

Von Gerold König, pax christi-Bundesvorsitzender

Lasst uns wieder von der Liebe reden

Einführung
„Wenn ich etwas am Christentum bewundere oder an den Christen selbst, dann ist es die spezifisch christliche Liebe … Diese Liebe geht über das Maß hinaus, auf das ein Mensch auch ohne Gott kommen könnte: Ihre Liebe macht keinen Unterschied“ – das hat Navid Kermani, ein Islamforscher und Orientalist in sehr schönen Worten über die christliche Nächstenliebe zum Ausdruck gebracht.

Kermani spricht von der Liebe, die im heutigen Johannesevangelium und auch in der Lesung aus dem ersten Johannesbrief beschrieben wird. Er spricht von einer Liebe, die sogar bis zur Feindesliebe und bis zur Selbstaufgabe geht. Einer unabdingbaren Liebe. 

Nach unserer Reise im März in Erinnerung an die erste Sühnewallfahrt 1964 nach Auschwitz fallen mir Menschen ein, die die diese bedingungslose Liebe gelebt haben: Edith Stein, Maximilian Kolbe, aber auch die abertausend Menschen in den Konzentrationslagern, die in den Tod gegangen sind, aber nicht von der Liebe losgelassen haben. Sie alle haben an das Gute in den Menschen geglaubt, sie haben sich von der Hoffnung genährt. Tag für Tag, Nacht für Nacht bis hin zu dem Moment, wo sie die Gaskammern betreten haben.
Mit welcher Liebe kämpft eine Mutter oder ein Vater um das Leben seines Kindes, mit welcher Liebe pflegt ein Ehepartner den anderen bis in den Tod hinein.

Lasst uns wieder von der Liebe reden! 

Das fällt mir schwer, sehr schwer – denke ich an die Kinder und Erwachsenen im Gazastreifen, in den Dörfern und Städten in der Ukraine, an die Angehörigen der israelischen Geiseln, an die sich vor Hunger krümmenden Menschen im Sudan. Dann möchte ich schreien, die Liebe herbeischreien, sie den Menschen schenken. Dann spüre ich, wie klein ich bin und wie groß diese Liebe sein muss, von der Gott spricht.

Kyrieruf
Liebe ist für uns oft nur ein Wort,
wir sprechen es aus, ohne entsprechend zu handeln
Herr erbarme Dich 

Ohne Liebe sind wir nichts. Das vergessen wir allzu oft
Selbstverständlich nehmen wir Liebevolles an, ohne 
teilhaben zu lassen an der Hoffnung. Dann bleiben wir allein
Christus erbarme Dich

Wir sehen die Not in der Welt, wir urteilen schnell und stellen
uns auf eine Seite. Wir sind in Sicherheit. Die Feinde verurteilen
wir. Zur Feindesliebe sind wir kaum in der Lage
Herr erbarme Dich

Tagesgebet
Die Liebe, die uns in Christus begegnet, ist göttlich nach ihrem Ursprung und in ihrem Wesen. Sie ist anders als die Liebe, die wir Menschen kennen. Diese göttliche Liebe wird im österlichen Geheimnis sichtbar. Die Liebe Christi in uns zerstört nicht die menschliche Liebe, sie gibt ihr im Gegenteil die Glut der Reinheit und das Siegel der Ganzheit. Das prägt und verwandelt unser ganzes Leben.
Darum bitten wir durch Christus unseren Herren
Lesung aus dem ersten Johannesbrief 1. Joh. 4,7-10

Liebe Schwestern und Brüder,
wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt stammt von Gott und erkennt Gott.
Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe:
Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben.
Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.

Lied
Taize Halleluja

Evangelium nach Johannes Joh. 15,9-17
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt.
Bleibt in meiner Liebe!
Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, 
so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.
Dies habe ich Euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit Eure Freude vollkommen wird.
Das ist mein Gebot:
Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe.
Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.
Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich Euch auftrage.
Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut.
Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.
Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.
Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet.
Dies trage ich Euch auf:
Liebt einander!

Auslegung
Lasst uns wieder von der Liebe reden! 

Nicht so, wie wir im Alltag davon reden, nicht so wie wir davon lesen, sehen, erfahren.

„Wenn ich etwas am Christentum bewundere oder an den Christen, dann ist es die spezifisch christliche Liebe…“ so nochmal Navis Kermani. Lasst uns also von dieser Liebe reden: Dies trage ich euch auf: Liebt einander!
Was heißt das, was kann das bedeuten? Manchmal stehe ich vor diesen Worten und kann die Gewaltigkeit nicht in Worte fassen: Liebt einander! 

Das schließt die Feindesliebe mit ein. Das schließt die Selbstaufgabe mit ein, das schließt ein, wie Maximilian Kolbe in Auschwitz für einen anderen sein Leben zu lassen.

Das schließt ein, aufzustehen, gegen Ungerechtigkeit und Unrecht, aufzustehen gegen jede Form von Gewalt, dass schließt ein, einzustehen für Demokratie und die Gleichheit aller Menschen. Das schließt ein, einzuschreiten gegen jede Form von Rassismus und Gewalt, das schließt ein, unseren Planeten Erde und die Schöpfung zu schützen, dass bedingt die Sehnsucht nach dieser Liebe, dieser uneingeschränkten Liebe dieser zwei Worte: Liebt einander!

Liebe ist eben nicht nur ein Wort, ein einfaches aus fünf Buchstaben bestehendes Wort, Liebe verlangt so viel von uns. Kann ich das? Will ich das? Wo fange ich an?

Fragen über Fragen. Das Liebe so schwierig ist, hätte ich mir nie träumen lassen: Kann ich akzeptieren, dass am Frankfurter Hauptbahnhof ein Sprachenwirrwarr herrscht? Kann ich akzeptieren, dass am Badesee mehr und mehr Menschen anderer Herkunft ihre Bade- und Picknicktücher ausbreiten? Das sind die kleinen Dinge des Alltags. 

Im Großen heißt das: Was können wir tun gegen die Gewalt und Aggressivität von Autokraten?  Lassen wir zu, dass immer mehr Waffen produziert und verteilt werden? Schweigen wir weiter zur Annektion von Ländern und zur Vertreibung von Menschen in ihrem eigenen Land? Sind wir weiter still, wenn zu unserem Wohlstand Wälder abgeholzt werden und Menschen ihrer Lebensgrundlage beraubt werden? Wie ernst nehmen und erinnern wir die Bewunderung für uns Christ:innen, ob dieser spezifisch christlichen Liebe? Der Wurzel unseres Glaubens? Was können wir tun? Lasst uns wieder von der Liebe reden! Und nicht nur reden, lasst Liebe wieder Worte und Taten sein!

Fürbitten

  • Frieden ohne Liebe gibt es nicht. Zeige uns Wege, diese Liebe wieder zu finden, damit uns die Wege zum Frieden wieder klarer werden
  • Naturkatastrophen sind Beweise der fehlenden Liebe zur Schöpfung und vernichten unsere Erde und unser Leben. Hilf uns, einzutreten für die Bewahrung der Schöpfung und lass uns den Mut dazu nicht verlieren
  • Menschen sind auf der Flucht – überall auf der Welt – gib uns die Kraft uns gegen Abweisungen und Grenzen aufzustellen, die verhindern sollen, dass Menschen bei uns Heimat finden
  • Der Tod überschattet täglich die Nachrichten. Wir stehen dem oft hilflos gegenüber. Lass uns nicht schweigen und unsere Stimmen erheben, gegen Kriege und Rachefeldzüge, die das Leben Unschuldiger kosten
  • Jesus sagt: Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Lass uns wieder neu entdecken, was diese Freundschaft bedeutet und seinen Auftrag erkennen.
  • Wenn die Lüge zur Wahrheit wird, gibt es keinen Frieden. Die Wahrheit zwischen all den Lügen zu erkennen, ist oft sehr schwer. Gib uns Worte und Kraft, Lügen zu entlarven und die Wahrheit weiterzusagen – um des Friedens willen.
  • Auch bei uns gibt es Leid und Not, Hoffnungslosigkeit, Krankheit und Todesangst. Zeige uns Wege, in solchen Situationen die richtigen Worte zu finden

Lasst uns wieder von der Liebe reden:
das Vaterunser
Vater unser im Himmel
geheiligt werde dein Name
dein Reich komme
dein Wille geschehe
wie im Himmel
so auch auf Erden
unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
und führe uns nicht in Versuchung
sondern erlöse uns von dem Bösen
denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit
Amen

Segen
Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst; 
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
Dass ich die Wahrheit sage, wo Fakenews herrschen;
dass ich Glaube bringe, wo Zweifel droht;
Dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
Dass ich dort Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
Dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr befähige mich, nicht zu fordern getröstet zu werden, sondern selber zu trösten;
nicht, verstanden zu werden, sondern selbst zu verstehen;
nicht, geliebt zu werden, sondern selber zu lieben.
Das gewähre uns der dreieinige Gott
Der Vater
der Sohn und
die heilige Geistkraft